Kreistag RhN 22.10.2024 Haushaltsentwurf:Landrat Dallinger 1. Standards und Konnexität
- Landrat Stefan Dallinger auf der Kreistagssitzung, 22.10.2024, Weinheim
- - Es gilt das gesprochene Wort -

- 1. Standards und Konnexität
Um eines vorweg zu nehmen: Ich bin ein großer Freund und Verfechter unseres Sozialstaates, als eine Grundsäule unserer Demokratie. Aber, meine Damen und Herren, dies muss auch ein ausgewogenes System sein. Zum einen steigt zunehmend der Ressourcenverbrauch, wenn die Zahl der Anspruchsberechtigten durch Veränderung der Gesetzgebung ständig erweitert wird, die Einzelleistungen erhöht werden und der Verwaltungsaufwand überdimensional zunimmt. Zum anderen müssen die sozialen Leistungen für unsere Bürgerinnen und Bürger auch gesamtgesellschaftlich erwirtschaftet werden, wenn man die Lasten nicht auf die kommenden Generationen verschieben will. Die aktuellen Entwicklungen zeigen hier auf, dass die Wirtschaft in Deutschland eher schrumpft und Richtung Rezession geht. In der vergangenen Dekade konnte die positive wirtschaftliche Entwicklung Schritt halten mit den steigenden Soziallasten und dadurch eine Finanzierung auch sicherstellen. Aber wenn sich diese Rahmenbedingungen verändern, muss auch die Politik in Bund und Land dies realisieren und entsprechend handeln. Leider sehe ich hier noch keinen Erkenntnisgewinn in der politischen Landschaft. Ganz im Gegenteil. Es zeichnet sich schon wieder ab, dass es beispielsweise bei der Jugendhilfe auch zu Veränderungen kommen wird, die zu finanzieren sein werden. Mit dem im Juni 2021 beschlossenen Kinder- und Jugendstärkungsgesetz wurde nach vielen Jahrzehnten der Diskussion bereits der Weg zu einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe beschritten. Es liegt nun ein mit Spannung erwarteter diesbezüglicher Referentenentwurf vor. Sollte der Entwurf Gesetz werden, wird dies zu deutlichen Fallzahl- und Ausgabensteigerungen sowie deutlichem Mehraufwand der Beschäftigten und folglich unweigerlich zu Personalmehrbedarfen führen. Auch wenn die Auswirkungen dieses Gesetzes noch weit weg erscheinen – es wird am 01.01.2028 Inkrafttreten, wäre jetzt - und nur jetzt - der Zeitpunkt, politisch zu handeln und Einfluss auf das Gesetz zu nehmen. Ist das Gesetz erst einmal beschlossen, sind die Kostensteigerungen unabsehbar und werden ab 2028 die Finanzen des Kreises unumstößlich und auf lange Zeit belasten. Erschwerend kommt hinzu – selbst wenn man sich auf eine grundsätzliche Konnexität bei Leistungsänderungen verständigt hat – dahinter verbirgt sich „Wer bestellt, bezahlt“, – dauert es Jahre, bis man sich auf die Parameter geeinigt hat, nach denen sich Bund und Land an den entstehenden Kosten beteiligen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Bundesteilhabegesetz, kurz BTHG. Vielen im Saal ist dies ein Begriff. Für die neuen Kreisrätinnen und Kreisräte: Was verbirgt sich dahinter? Das BTHG ist ein umfassendes Gesetzespaket, das in vier zeitversetzten Reformstufen bis 2023 in Kraft getreten ist und das für Menschen mit Behinderungen viele Verbesserungen vorsieht. Mit dem BTHG wurden mehr Möglichkeiten der Teilhabe und mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderungen geschaffen. Menschen mit Behinderungen, die Eingliederungshilfe beziehen, können mehr von ihrem Einkommen und Vermögen behalten. Erst jetzt – Ende 2024 – zeichnet sich ab, dass man auf einem Weg der Einigung ist, wie die BTHG bedingten Mehrkosten ausgeglichen werden sollen. Das BTHG ist auch ein schönes Beispiel, wieviel mehr an Personaleinsatz erforderlich ist, um dies administrativ abwickeln zu können. Dies führt mich zu einem weiteren Punkt:
Quelle: Medieninformation des Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis vom 23. Oktober 2024]