Reiner Braun am 29.10.2025:Stand der Dinge

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„Ein großer Krieg wird politisch vorbereitet“ – Wo steht die Friedensbewegung dabei? |
Nochmal zur Friedensbewegung: Was bedeutet dieser Stand der Dinge für die Friedensbewegung?
Wir sind wichtiger, notweniger als je zuvor in den letzten 40 Jahren, aber auch stärker den Repressionen ausgesetzt als in den letzten Jahrzehnten. Die oftmalige Kriminalisierung des Solidaritätsprotestes mit Palästina, aber auch der Überfall der Polizei auf die Friedensaktion in Köln ist nur der zugespitzte Ausdruck einer zunehmenden Entdemokratisierung, die direkt an die Repressionen gegen die Grundrechtsbewegung während der Corona-Pandemie anknüpfte.
Deutlich wird, wir stehen als Friedensbewegung vor einer historisch zu nennenden Herausforderung.
Was konkret sollte die Friedensbewegung tun?
Wir müssen versuchen, durch vielfältige Aufklärung die Mehrheit der Bevölkerung als aktive Sympathisanten der Friedensbewegung zu gewinnen. Eine aktive Ausstrahlung muss uns die Kraft und die gesellschaftliche Verankerung bringen, die in der Lage ist – gemeinsam mit internationalen Partnern –, den Kriegshetzern in den Arm zu fallen. Friedensbewegung im Bündnis mit anderen sozialen Bewegungen muss wirklich eine gesellschaftliche Bewegung werden, die traditionelle Grenzen und Barrieren überwindet. Ausgrenzungen haben ebenso wenig Platz in ihr wie als Friedensfreunde getarnte Kriegstreiber, z.B. aus der AfD.
Was noch?
Wir brauchen einen neuen Internationalismus der Friedensbewegung, der vor allen auch Initiativen und Organisationen des Globalen Südens einbezieht. Dieser neue „Friedensinternationalismus“ beinhaltet Zusammenarbeit mit allen Kräften einschließlich Regierungen, die sich dem Grundgedanken der gemeinsamen Sicherheit verbunden fühlen. Dabei sind sicher die „BRICSplus“ und Partnerstaaten wichtige Ansprechpartner, die sich der Aufrechterhaltung des internationalen Rechtsrahmens durch die UN-Charta verpflichtet fühlen. Als Erstes sind sicher Gespräche und Kontakte notwendig mit den Ländern, und da meine ich Russland als Erstes, die von der Politik Deutschlands und der EU als „Feinde“ deklariert werden. Wir müssen wieder eine „Volksdiplomatie von unten“ unter den Bedingungen grundlegender geostrategischer Veränderungen entwickeln.
Wie aber kann die Friedensbewegung mehr Bürger für den Frieden gewinnen?
Wir müssen sicher als Erstes anerkennen, dass wir uns in einer politischen Defensivposition befinden, wenn wir Einfluss, Klima, Atmosphäre und Engagement in unserem Land betrachten. Das gilt nicht für die internationale Kräftekonstellation – da stehen wir an der Seite einer globalen Mehrheit. Wir stehen bei uns – vereinfacht ausgedrückt – durchaus mit dem Rücken an der Wand gegen einen fast übermächtigen militärisch-industriellen-politisch-wissenschaftlichen-medialen Komplex; leider ergänzt durch einen „Friedensopportunismus“ von Teilen der politischen Linken. Trotzdem teilen nach allen Umfragen ca. 35 Prozent der Befragten unsere grundsätzlichen Positionen zu Diplomatie und gegen hemmungslose Aufrüstung.
Das Interview führte Marcus Klöckner.
Dieses Interview erscheint auf PhenixXenia.org mit Genehmigung der Nachdenkseiten wo es am 29. Oktober 2025 erstmals publiziert wurde.