Groupe scolaire Simon Batz
Das Schulzentrum der Stadt Ober-Hombourg (Hombourg-Haut), Groupe scolaire Simon Batz trägt den Namen des dort geborenen Syndicus der Hansestadt Lübeck (Amtszeit 1458-1464).
Die Stadt wird überragt von der Stiftskirche St. Etienne, in der Batz (geboren um 1420, gestorben am 3. August 1464) getauft wurde. Das Gebäude beherbergt die Vorschule und alle Grundschulkassen der Kernstadt; insgesamt unterhält die Gemeinde nun vier solche Schulzentren anstelle von früher 11 Schulen. Die Stadt entwickelte sich im Schutz einer 1254 gegründeten Burg der Bischöfe von Metz und gehörte später zum Herzogtum Lothringen. Nach der Eroberung durch Frankreich im 17. Jh. fast verlassen, erholte sich die Stadt durch die 1758 beginnende Ansiedlung von Eisenindustrie und Bergbau. Vor dem Einsetzen des Bevölkerungsrückgangs hatte es (1968) 10.571 Einwohner.
Damit dieser große Sohn der Stadt nicht wieder in Vergessenheit gerät, erinnert die Namenstafel am Schulzaun an Simon Batz, der nach einer Universitätskarriere als Syndikus der Hansestadt Lübeck 44-jährig von der Pest dahin gerafft wurde. Auf einem großen geschnitzten Schild liest man über den Lebensweg des Namenspatrons und dass er 1464 in Lübeck gestorben sei.
Vorgeschichte
Weshalb benennt ausgerechnet Oberhomburg bei Metz eine Schule nach Simon Batz?
Vincent Vion
Vincent Vion, Beigeordneter für Kultur der Stadt Hombourg hat das, was man bis jetzt über Batz weiß, in einem ausführlichen Aufsatz in der regionalen Geschichtszeitschrift Cahiers naboriens dokumentiert und erfuhr dabei über die Forschung von Dr. Ulrich Simon, dass es tatsächlich diese Kleinstadt unter den zahlreichen Trägern des Namens Homburg im deutschsprachigen Südwesten ist, die den Mann als ihren großen Sohn reklamieren kann, der sich in den Büchern seiner Bibliothek als Magister Simon Baechtz de Homburch verewigte, und nicht Homburg in der Pfalz, wie es noch 2013 im Handschriftenkatalog der Stadtbibliothek Lübeck hieß.
Der Schlüssel für diese Entdeckung war Batzs zweites erhaltenes Testament von 1464 im Stadtarchiv, das 1991 aus kriegsbedingter Auslagerung und späterer Verschleppung in Archive der ehemaligen Sowjetunion zurückgekehrt war. Darin verfügte er, dass seine Bücher, die sein Schwager aufbewahrte, für eine Memorie verwendet werden sollten, die für ihn und seine Eltern in der Kirche St. Stephan (in ecclesia sancti Stephani) in Homburch Metensis dyocesis zu halten war. In der Diözese Metz gibt es jedoch eine diesem Heiligen (frz. St. Etienne) geweihte Kirche nur in dem genannten Ober-Homburg.
Werdegang
Dort wurde Simon Batz um 1420 geboren und dürfte wohl an der Schule der dortigen Stiftskirche seine ersten Kenntnisse erworben haben. Jedenfalls erhielt er ein Stipendium des Bischofs von Metz, ging aber damit 1438 in das recht weit entfernte Erfurt, um Philosophie und Jurisprudenz zu studieren. Er wurde 1444 Magister der Philosophie, 1454 Lizentiat und 1457 Doktor utriusque iuris – also des römischen und des Kirchenrechts. 1457 zum Rektor gewählt, stand er aber schon von 1458 an als Syndikus im Dienst der Hansestadt Lübeck. Er hat durchaus geschwankt, ob er nicht verpflichtet sei, in seine Heimat und den Dienst seines Gönners zurückzukehren. Davon zeugt ein Brief, der sich in einer ihm gehörenden Sammlung von stilistisch vorbildlichen Briefen findet, aber ihn selbst betrifft. Bereits 1464 raffte ihn die Pest jedoch hinweg. In den ihm verbliebenen Jahren war er rastlos für die Stadt als Diplomat unterwegs und verhandelte in Wien und Rom mit Kaiser und Papst. Die unzutreffende Vermutung, dass er tatsächlich in seinem Todesjahr in seiner Heimat gewesen sei, geht auf einen Datierungsirrtum hinsichtlich eines Verwandtschaftszeugnisses der Stadt Homburg zurück, das aber erst nach seinem Tod ausgestellt wurde.
Sozialstatus
Welchem sozialen Stand die Familie von Simon Batz angehört hat, wissen wir zwar nicht genau. Sicher ist, dass er aus ärmlichen Verhältnissen stammte. Dabei dürften er genau wie seine Schwestern, die er testamentarisch bedachte, von Geburt persönlich frei gewesen sein, weil dies andernfalls in der entsprechenden Urkunde wahrscheinlich nicht unerwähnt geblieben wäre. Zudem hatte der Bischof von Metz bei der Verleihung der Stadtrechte an Ober- (auch: Bischofs-) Homburg 1248 die Bürger für frei erklärt. Fragen wir, ob für Simon Batz bei seiner Geburt ein sozialer Aufstieg an die zweite Stelle innerhalb der sozialen Hierarchie der Stadt Lübeck nach den Bürgermeistern als wahrscheinlich angenommen werden konnte, so ist dies wohl zu verneinen. Für einen Sohn aus den Reihen eines städtischen Patriziats oder des niederen Adels hingegen ist ein ähnlicher Werdegang, die Leitung einer Fakultät an einer Hochschule oder gar das Rektorat der gesamten Universität sowie der diplomatische Dienst für einen Fürsten oder eine Stadt wie Lübeck, welche die Führungsrolle unter den Städten der deutschen Hanse innehatte, nicht ungewöhnlich.
Simon Batz ist nicht nur als ein bedeutender Sohn des kleinen Städtchens bei Metz anzusehen, der eine große Karriere gemacht hat – er ist auch gleichzeitig ein Exponent von Bildung und Wissen in seiner Zeit gewesen. In den Forschungen zur Geschichte seiner Universität wird er regelmäßig genannt und allgemein als bedeutender Frühhumanist bezeichnet. Forschungen, die ihn selbst in den Mittelpunkt des Interesses stellen, stehen jedoch noch aus. Dabei haben wir ein beredtes Zeugnis für seine geistige Ausrichtung und seine Interessen.
Die Bibliothek
Seinem Testament, das er am 23. Juni 1464 verfasste, liegt eine Bücherliste bei. Es handelt sich dabei um ein Blatt, auf welchem die einzelnen Buchtitel in sechs Spalten zu jeweils 60 bis 67 Zeilen aufgeschrieben stehen. Fast jede Zeile enthält einen Buchtitel. Nur manche Titel erstrecken sich über zwei Zeilen. Demnach befanden sich 397 Einzeltexte im Besitz des Lübecker Syndikus, die nach dessen letztem Willen für 300 rheinische Gulden in den Besitz des Lübecker Rates übergehen sollten, wenn seine noch lebenden Geschwister daran kein Interesse bekunden würden. Dass sie das nicht tun würden, war dem Erblasser eindeutig vorher klar. Denn die Bibliothek von Batz bestand nicht aus Erbauungsliteratur, die seine drei Schwestern, verheiratet oder nicht, oder deren Ehemänner unter Umständen gerade noch am Rande hätte interessiert haben können, sollten sie des Lesens kundig gewesen sein. Nein, sie war genau zugeschnitten auf einen graduierten Hochschulabsolventen und praktizierenden Juristen im Dienst eines Landesherrn oder einer Stadt. Sie sollte dem Dienstherrn, der Hansestadt Lübeck, dem Haupt aller damaligen Hansestädte, zum künftigen Geschäftsgebrauch dienen. Und so gingen sie folgerichtig in den Besitz des Lübecker Rates über und bildeten da den Grundstock für die entstehende Ratsbibliothek. Noch heute sind die Bände zu erkennen: Sie tragen u. a. ihre Signaturen in römischen Zahlen auf dem Buchschnitt, weil sie zunächst liegend aufbewahrt wurden.
Die Schwestern von Batz, der selbst keine legitimen Nachkommen hatte, erhielten zum Ausgleich 300 rheinische Gulden; eine erkleckliche Summe Geldes.
Spätere Syndiker und Juristen im Dienst der Hansestadt Lübeck, durchaus auch noch des ausgehenden 15. Jahrhunderts, z. B. Johannes Osthusen, haben es Batz gleich getan. Auch Teile von dessen Büchersammlung wären in den Verzeichnissen der Lübecker Stadtbibliothek nachzuweisen.
Ausblick
Es wäre zu wünschen, dass sich Forschende, deren Weg Simon Batz bei ihrer Arbeit gekreuzt hat, einmal zu einer wissenschaftlichen Tagung, z. B. in Lübeck, treffen könnten, um aus ihren Teilergebnissen der Begegnungen mit Batz den Grundstock für eine weitere Erforschung zu legen. Damit würde der Weg zu einer gültigen Würdigung dieses Gelehrten weiter beschritten, der ein kleines Schulzentrum in einer kleinen Stadt vorangegangen ist.
Quellen
Ulrich Simon, Robert Schweitzer: Eine neue französische Schule ehrt einen mittelalterlichen Büchersammler Lübecks. Einweihung des Simon-Batz-Schulzentrums in Ober-Homburg. In: Lübeckische Blätter. 178 (2013), S. 218–221.