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- Was ist das für ‘ne Sorte Leben?
- Na so ist das Leben eben.
- Und so war es auch schon immer,
- nur früher, Kumpel, da war‘s noch schlimmer,
- Darum nähre dich von Krautsalat
- und vertrau auf Vater Staat.
- Das ist die Geschichte von Willi K.
- der immer ein fleißiger Arbeiter war.
- Am Freitag bracht‘ er stets genau
- sein Säckchen Lohn zu seiner Frau,
- doch mault die Frau, kaum daß sie‘s hat:
- "Immer mehr beißt ab der Staat!"
- Doch Willi sagt: "Sei ruhig Schatz!
- Wichtig ist nur der Arbeitsplatz,
- die Wirtschaft wird destabilisiert
- mit was der Staat von uns kassiert,
- sonst könnte es ja nicht geschehen.
- daß wir die Krise überstehen."
- Und so passiert‘s . Es fließen Schätze
- zur Sicherung der Arbeitsplätze.
- Auch Willis Chef, der hat kassiert,
- und den Betrieb rationalisiert.
- Bei dem, was die neuen Maschinen verrichten,
- kann er glatt auf zwei Dutzend Arbeiter verzichten.
- Am Freitag schaut der Willi schief,
- zeigt seiner Frau den blauen Brief
- "Von unsrer Arbeit, mit unsrem Geld
- hat man uns jetzt ins Eck gestellt.
- wie haben wir uns angeschmiert,
- uns selber wegrationalisiert!"
- Was ist das für‘ne Sorte Staat,
- der für uns nichts über hat?
- Jetzt weißt du, Kumpel, jedenfalls,
- das ist der Staat des Kapitals.
- Und eines stimmt da sicherlich:
- Du brauchst ihn nicht, doch er braucht dich.
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Quelle
Die Geschichte vom Arbeiter Willi K., der sich selbst wegrationalisierte, Proletenpassion, (Text: Heinz R. Unger, 1976).