Unser Land ist überfordert (BSW)
- Sahra Wagenknecht zum Anschlag von München, die Migrationsdebatte und Trumps Ukraine-Plänen (Von Mareike Kürschner, RNZ Berlin, 14.2.2025)
Sahra Wagenknecht ist Bundesvorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht. Sie kämpft um den Einzug ihrer Partei in den Bundestag.
Frau Wagenknecht, letzte Woche traten in Bayern sieben Mitglieder aus Ihrer Partei aus, sie kritisieren ihren Migrationskurs. Hören Sie zu wenig auf interne Kritiker? |
Kritik an unserem Migrationskurs hat mich verwundert. Dass das BSW Migration begrenzen will, ist nichts Neues. Ich kritisiere seit 2016, dass Integration nicht funktioniert, wenn die Flüchtlingszahlen zu hoch sind. Unser Land ist überfordert, wir müssen den Kontrollverlust überwinden.
Explizit wurde aber auch die Führungskultur kritisiert... |
Wir sind eine junge Partei im Aufbau. Da läuft sicher nicht alles perfekt. Aber dass aus Parteien Mitglieder austreten, ist nichts Außergewöhnliches. Nur bei uns kommen sechs Leute gleich in die bundesweite Presse. Übrigens widersprechen sich die Vorwürfe. (Der Europaabgeordnete, Anm. d. R.) Fritz Pürner kritisiert, die Partei sei mir entglitten, die anderen sechs sagen, ich würde die Partei autoritär führen. Beides kann schlecht stimmen. Tatsächlich ist weder das eine noch das andere wahr. Mich treiben andere Dinge um, die realen Probleme der Menschen, steigende Mieten, zu niedrige Renten, hohe Energiepreise und eine wachsende Kriegsgefahr.
Welche Antworten auf den gestrigen Anschlag von München müssen aus der Politik kommen? |
Es ist entsetzlich! Wie viele Menschen sollen noch sterben oder verletzt werden, ehe SPD und Grüne begreifen, dass wir in Sachen Migration nicht so weitermachen dürfen. Unser Land ist überfordert, unsere Sicherheitsbehörden sind überfordert. Wir müssen die Zahl der Asylbewerber radikal reduzieren, indem wir unser Grundgesetz wieder ernst nehmen und nur denen ein Verfahren ermöglichen, die nachweisen können, dass sie nicht aus einem sicheren Drittstaat eingereist sind. Und wir müssen alle, die mit Gewaltdelikten auffallen, sofort ausweisen und Flüchtlinge ohne Schutzstatus endlich konsequent abschieben.
Sie stimmten für einen Unions-Antrag zur Migration - zusammen mit der AfD. Hat das Ihrer Partei geschadet? |
Die Debatte hat der AfD geholfen und unser Land polarisiert. Sie bringt nichts. Die AfD ist nicht deshalb stark, weil man im Bundestag mit ihr gemeinsam abstimmt, sondern weil die Probleme der Menschen seit Jahren nicht gelöst werden. Das betrifft auch, aber keineswegs allein, die Migrationspolitik. Die Wähler stimmen für die AfD aus Unzufriedenheit mit der aktuellen Politik. Man muss die Anliegen dieser Wähler endlich ernst nehmen.
Das BSW setzt sich für höhere Renten und einen Mindestlohn von 15 Euro ein. Damit sollte ihre Partei eigentlich bei mehr als fünf Prozent stehen ... |
Über all diese Themen wird in den Me- dien aktuell wenig gesprochen. Wir sind außerdem eine junge Partei. Uns fehlen finanzielle Mittel, Strukturen und Personal - das macht diesen fünften und bisher schwersten Wahlkampf unserer kurzen Parteigeschichte zur Herausforderung.
Die Ukraine scheint im Wahlkampf vergessen. Ist das ein Problem des BSW? |
Es ist ein Problem, wenn über Krieg und Frieden nicht mehr gesprochen wird, während wir in ein neues Wettrüsten hineingetrieben werden, das die Kriegsgefahr nicht verringert, sondern erhöht. Unabhängig davon, ob Donald Trump jetzt den Ukraine-Krieg beendet, wofür einiges spricht: Ich erwarte von einer deutschen Regierung, dass sie eigene Friedensbemühungen unternimmt, statt nach der Wahl Taurus-Raketen zu liefern und damit unser Land in große Gefahr zu bringen.
Trump fordert höhere Nato-Ausgaben. Wie soll Deutschland reagieren? |
Wir brauchen eine verteidigungsfähige Bundeswehr, aber nicht irrwitzige Mehrausgaben, die in einem intransparenten Beschaffungsfilz versickern und nur die Waffenindustrie reich machen. Die Nato ist das mächtigste Militärbündnis der Welt, der Verteidigungsetat allein der europäischen Nato-Staaten ist höher als der ganze russische Staatshaushalt. Wir brauchen keine weitere Aufrüstung, sondern Geld für die wirklich wichtigen Sachen. Wer 3,6 Prozent des Bruttoinland-produkts fürs Militär ausgeben will, wie einige in der Nato jetzt fordern, muss bei Renten, Bildung und Gesundheit kürzen.