Die Apokalyptischen Reiter (von Heinz R. Unger)
- Es reiten vier Reiter unter dem Mond.
- Es wachsen die Schatten am Horizont.
- Es führen vier Wege ans Ende der Zeit,
- die sind mit unserer Asche bestreut.
- Der Erste jagt näher, sein Totenkopf glänzt,
- der rasende Hunger, ein grelles Gespenst,
- jagt wie ein gellender Schrei durch die Nacht,
- von Menschen erlitten, von Menschen gemacht
- Und in knöchernem Klammergriff hält
- er umspannt zwei Drittel der Welt.
- Die noch zu essen haben, hoffen vielleicht,
- daß sie der heulende Tod nicht erreicht.
- Nichts sehen, nichts sagen, die Schreie nicht hören,
- der Hunger ist weit, wir können uns nähren.
- Doch drohend fällt schon sein wachsender Schatten
- auf die Länder der immer noch Satten.
- Es reiten vier Reiter
- und ihre Wege
- führen ans Ende der Zeit.
- Der Zweite reitet in goldenem Rock,
- ein fetter Räuber auf fettem Bock
- und auf seinem Sturmbanner steht
- Die Welt wird geplündert, solange es geht.
- Der Urwald gerodet, die Lunge der Welt,
- der Boden vom Toben der Güte entstellt.
- Es gibt einen Sachzwang und der heißt Profit,
- der hält mit dem rasenden Reiter stets Schritt.
- Die Meere sind tot, Öl säumt noch den Strand,
- die Erde trägt nichts mehr, ein braches Land
- Dann ist die Welt bis zum Knochen zernagt,
- ein toter Stein, der zum Himmel aufragt.
- Es reiten vier Reiter
- und ihre Wege
- führen ans Ende der Zeit.
- Der Dritte fährt drein wie ein Säbelhieb,
- ein alter Killer im Panzerjeep.
- Der hat so ein kaltes Feuer im Blick,
- das Glitzern des Todes, der ewige Krieg.
- Die Städte zerfallen in Feuer und Schutt,
- in Flüssen wälzt sich die Lavaglut,
- Gewitter aus Schlägen und Gegenschlägen,
- aus Napalmwolken rinnt brennender Regen.
- Da wird um die letzten Reste gerauft,
- die letzten Kinder mit Blut getauft,
- den Bunker der Hoffnung, den gibt es nicht mehr,
- denn dieser Krieg gleicht keinem vorher.
- Es reiten vier Reiter
- und ihre Wege
- führen ans Ende der Zeit.
- Der Vierte kommt plötzlich und unerhört,
- ein weißer Blitz auf dem Nebelpferd,
- lange gehortet und aufgestaut,
- springt er ins Volle, sprengt er die Haut
- Ein weißer Blitz auf dem Pferd aus Rauch,
- ein glühender Ball, ein vergehender Hauch.
- Taumelnde Trümmer und Nebelschwaden
- ziehen sich hin bis zu den Plejaden.
- Es bläht sich der Leib der zerplatzenden Welt,
- wie ein Tropfen Milch, der auf Feuerglut fällt,
- zerspringen die Funken sich bäumender Kraft,
- das ist das Letzte — wir haben‘s geschafft
- Es reiten vier Reiter unter dem Mond.
- Es wachsen die Schatten am Horizont.
- Es führen vier Wege ans Ende der Zeit,
- die sind mit unserer Asche bestreut.
Quelle
Ein Text für das Konzeptalbum "Die letzte Welt" der österreichischen Polit-Rock-Band "Schmetterlinge".