Stimmen aus dem Rh/N-Dreieck 23.10.2024: Unterschied zwischen den Versionen

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Wolf-Dieter Batz (Diskussion | Beiträge)
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'';Quadratur des Kreises
''"Hier ist meine Botschaft: Macht den Kommunen weniger bürokratische Vorgaben, stattet sie ordentlich finanziell aus, dann wird die Kommunale Familie die Aufgaben zielorientiert und wirtschaftlich lösen, wie sie dies schon in vielen Situationen gezeigt hat. Ich möchte hier nur an die Flüchtlingsunterbringung, Corona und die Energiekrise erinnern."'' ([[Stimmen aus dem Rh/N-Dreieck 2024|Landrat Stefan Dallinger auf der Kreistagssitzung, 22.10.2024, Weinheim]])
In der Vorbereitung auf die Rede zum Haushalt und auf die kommenden Haushaltsgespräche
reflektiere ich immer, was wir uns in den letzten Jahren vorgenommen
und erreicht haben und wie sich die wirtschaftliche Entwicklung darstellt.
Denn dies ist die Ausgangslage für die kommende Haushaltsplanung.
Und, meine sehr geehrten Damen und Herren Kreisrätinnen und Kreisräte,
sehr geehrte Damen und Herren,
dieser Rückblick hat es in sich. Ich möchte ihnen die wirtschaftliche Dimension
an nur wenigen Zahlen erläutern:
Ende 2021 – sprich vor nur 2,5 Jahren - hatte der Kreis noch eine Rücklage von
104 Millionen Euro. Das Jahr 2022, das ich noch unter den Titel gestellt habe „Mit
Zuversicht nach vorne“ konnte noch mit einem positiven Ergebnis von rd. 12 Millionen
Euro abgeschlossen werden. Im Jahr 2023 musste ein Verlust von 65 Millionen
Euro verbucht werden und auch 2024 wird voraussichtlich mit rd. Minus
39 Millionen Euro abschließen. Die damals noch sehr hohe Rücklage wird somit
Ende 2024 aufgebraucht sein. Bildlich gesprochen: Die Kasse ist leer!
Hier drängt sich natürlich die Frage auf, wie konnte es zu dieser Entwicklung in
einem so kurzen Zeitraum kommen?
In meiner Analyse will ich zu dieser Fragestellung zuerst auf soziale und wirtschaftliche
Themen eingehen, bevor ich später noch konkret die Auswirkungen
auf den Kreishaushalt 2025 aufzeige.
;1. Standards und Konnexität
Um eines vorweg zu nehmen: Ich bin ein großer Freund und Verfechter unseres
Sozialstaates, als eine Grundsäule unserer Demokratie. Aber, meine Damen und
Herren, dies muss auch ein ausgewogenes System sein. Zum einen steigt zunehmend
der Ressourcenverbrauch, wenn die Zahl der Anspruchsberechtigten
durch Veränderung der Gesetzgebung ständig erweitert wird, die Einzelleistungen
erhöht werden und der Verwaltungsaufwand überdimensional zunimmt. Zum
anderen müssen die sozialen Leistungen für unsere Bürgerinnen und Bürger
auch gesamtgesellschaftlich erwirtschaftet werden, wenn man die Lasten nicht
auf die kommenden Generationen verschieben will. Die aktuellen Entwicklungen
zeigen hier auf, dass die Wirtschaft in Deutschland eher schrumpft und Richtung
Rezession geht. In der vergangenen Dekade konnte die positive wirtschaftliche
Entwicklung Schritt halten mit den steigenden Soziallasten und dadurch eine Finanzierung
auch sicherstellen. Aber wenn sich diese Rahmenbedingungen verändern, muss auch die Politik in Bund und Land dies realisieren und entsprechend
handeln. Leider sehe ich hier noch keinen Erkenntnisgewinn in der politischen
Landschaft. Ganz im Gegenteil. Es zeichnet sich schon wieder ab, dass
es beispielsweise bei der Jugendhilfe auch zu Veränderungen kommen wird, die
zu finanzieren sein werden. Mit dem im Juni 2021 beschlossenen Kinder- und
Jugendstärkungsgesetz wurde nach vielen Jahrzehnten der Diskussion bereits
der Weg zu einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe beschritten. Es liegt nun ein
mit Spannung erwarteter diesbezüglicher Referentenentwurf vor. Sollte der Entwurf
Gesetz werden, wird dies zu deutlichen Fallzahl- und Ausgabensteigerungen
sowie deutlichem Mehraufwand der Beschäftigten und folglich unweigerlich
zu Personalmehrbedarfen führen. Auch wenn die Auswirkungen dieses Gesetzes
noch weit weg erscheinen – es wird am 01.01.2028 Inkrafttreten, wäre jetzt - und
nur jetzt - der Zeitpunkt, politisch zu handeln und Einfluss auf das Gesetz zu
nehmen. Ist das Gesetz erst einmal beschlossen, sind die Kostensteigerungen
unabsehbar und werden ab 2028 die Finanzen des Kreises unumstößlich und auf
lange Zeit belasten.
Erschwerend kommt hinzu – selbst wenn man sich auf eine grundsätzliche Konnexität
bei Leistungsänderungen verständigt hat – dahinter verbirgt sich „Wer bestellt,
bezahlt“, – dauert es Jahre, bis man sich auf die Parameter geeinigt hat,
nach denen sich Bund und Land an den entstehenden Kosten beteiligen.
Ein gutes Beispiel dafür ist das Bundesteilhabegesetz, kurz BTHG. Vielen im
Saal ist dies ein Begriff. Für die neuen Kreisrätinnen und Kreisräte: Was verbirgt
sich dahinter? Das BTHG ist ein umfassendes Gesetzespaket, das in vier zeitversetzten
Reformstufen bis 2023 in Kraft getreten ist und das für Menschen mit
Behinderungen viele Verbesserungen vorsieht. Mit dem BTHG wurden mehr
Möglichkeiten der Teilhabe und mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderungen
geschaffen. Menschen mit Behinderungen, die Eingliederungshilfe
beziehen, können mehr von ihrem Einkommen und Vermögen behalten. Erst jetzt
– Ende 2024 – zeichnet sich ab, dass man auf einem Weg der Einigung ist, wie
die BTHG bedingten Mehrkosten ausgeglichen werden sollen.
Das BTHG ist auch ein schönes Beispiel, wieviel mehr an Personaleinsatz erforderlich
ist, um dies administrativ abwickeln zu können. Dies führt mich zu einem
weiteren Punkt:
;2. Entlastungsallianz
Der Nationale Normenkontrollrat, ein unabhängiges Expertengremium, das die
Bundesregierung berät, hat in seinem Jahresbericht 2024 zwar die Bemühungen
der Bundesregierung zum Bürokratieabbau gelobt, gleichwohl auch darauf hingewiesen,
dass wir uns insgesamt auf einem hohen Aufwands-Plateau befinden,
wovon wir dringend runter müssen. Die mediale und politische Aufmerksamkeit
für die bürokratische Selbsteinhegung Deutschlands und Europas ist auf einem
Allzeithoch angekommen. Die Vermeidung und der Abbau unnötiger Vorschriften
und die Vereinfachung des Vollzugs sind längst kein Randthema mehr. Die Politik
darf das Momentum jetzt nicht vorbeiziehen lassen. Sie muss den dauerhaften
Willen aufbringen, den Bürokratieabbau vom Einzel- zum systematischen Regelfall
zu machen.
In Baden-Württemberg hat eine Entlastungsallianz, bestehend aus der Landesregierung,
den kommunalen Landesverbänden sowie den Wirtschafts- und Finanzverbänden
im November 2023 ihre Arbeit aufgenommen.
Ziel war es, bürokratische Belastungen abzubauen und zu einer Aufgaben- und
Standardkritik auszuholen. Dieser längst überfällige Schritt war mit der großen
Hoffnung verbunden, dass sich tatsächlich etwas ändert und für die kommunale
Ebene spürbare Erleichterungen bringt. Die Kommunalen Landesverbände haben
eine 15er-Liste an Entlastungsmöglichkeiten vorgelegt, wobei verdeutlicht
wurde, dass diese Maßnahmen nicht einmal ansatzweise genügen, um die an
sich notwendigen Entlastungseffekte zu generieren. Sie sind lediglich aber immerhin
ein Beitrag, um die Entlastungsmaschinerie am Laufen zu halten. Wir
brauchen diese Entlastung schnell und wirksam, so dass sie auch auf der Arbeitsebene
in unserer Verwaltung ankommt. Das Land Baden-Württemberg
möchte dem Bürokratieabbau mit einem neuen „Kommunalen Regelungs-Befreiungsgesetz“
begegnen, um so der kommunalen Familie zu ermöglichen, neue
bürokratieärmere Lösungen zu erproben. Ein Schritt in die richtige Richtung.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin nun bald 40 Jahre im
öffentlichen Dienst und habe schon viele Entbürokratisierungsversuche miterlebt.
Es ist schwierig, an den Erfolg zu glauben. Ich werde mich aber natürlich trotzdem
dafür einsetzen, dass wir hier vorankommen. Denn – und hier spannt sich
auch der Bogen wieder zum Kreishaushalt – weniger Bürokratie bedeutet weniger
Personalbedarfe, weniger Fachkräftemangel und weniger Personalaufwendungen.
;3. Finanzierung Kliniken
Die Finanzierung der Kliniken ist bundesweit einerseits ein gewaltiger Kraftakt für
alle Beteiligten, aber auch wieder symptomatisch dafür, dass auf den Kreis – und
somit mittelbar auf die Kommunen – von außen eine enorme Belastung zukommt,
deren Finanzierung eigentlich von anderen Schultern im Sinne der staatlichen
Daseinsvorsorge zu tragen wäre. Das in einer Umfrage der baden-württembergischen
Krankenhausgesellschaft erhobene Gesamtdefizit der Kliniken für das
Jahr 2023 beläuft sich auf insgesamt 670 Millionen Euro. 85 Prozent der allgemeinen
Krankenhäuser erwarten nach dieser Umfrage, dass sie das Jahr 2024
mit einem Defizit abschließen werden, und rechnen mit einem erneuten Rekorddefizit
von rund 900 Millionen Euro. Auch die vier GRN-Kliniken der Grund- und
Regelversorgung in der Trägerschaft des Rhein-Neckar-Kreises hatten im Jahr
2023 mit einem Rekorddefizit von minus 27,4 Millionen Euro zu kämpfen, das in
gar keiner Weise selbstverschuldet ist. Vielmehr reichen die bisher geleisteten
Einmalzahlungen des Bundes und der Länder nicht aus, die Preissteigerungen
der letzten Jahre auszugleichen.
Mit der Zielsetzung einer Verbesserung von Strukturen und Finanzierung haben
Bund und Länder – vor ziemlich genau einem Jahr – mit dem Eckpunktepapier
vom 10. Juli 2023 nahezu einstimmig beschlossen, wie eine solche Reform der
Krankenhausvergütung gestaltet werden sollte. Leider widerspricht der aktuelle
Gesetzentwurf zum Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz diesen geeinten
Eckpunkten in weiten Teilen und führt zu einer Hängepartie, ohne die dringend
notwendigen zentralen Festlegungen. Erschwerend kommt hinzu, dass
auch die von Herrn Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach versprochene
Auswirkungsanalyse noch nicht vorliegt. Eine Reform ohne vorherige
Auswirkungsanalyse gleicht allerdings einem Blindflug.
Daher haben zirka 20 Kliniken der Metropolregion Rhein-Neckar ein externes
Gutachten beauftragt, um das Angebot dieses Versorgungsgebiets für die Zukunft
zu gestalten und abzustimmen. Zielsetzung dabei ist es – im Sinne der
Krankenhausstrukturreform – die teilweise zu beobachtende Fragmentierung der
Leistungserbringung zu konsolidieren, Schwerpunkte zu bilden und eine enge
Zusammenarbeit der Krankenhäuser anzustreben.
Und selbst wenn hier Reformen in Zukunft möglicherweise für eine Entlastung
sorgen könnten, werden noch viele Jahre ins Land gehen. Für den Kreishaushalt
bedeutet dies, dass wir in den Jahren 2023 bis 2028 voraussichtlich rund 120
Millionen Euro (!) zur Unterstützung unserer Kliniken zur Verlustabdeckung in die
Hand nehmen müssen, um diese vor der Insolvenz zu retten. Davon gehen wir
derzeit aus. In dem genannten Betrag sind Zuweisungen des Kreises für Investitionen
der GRN Kliniken, z. B. den Neubau in Sinsheim, noch gar nicht enthalten,
die im Übrigen eigentlich auch vollständig vom Land zu tragen wären. Alle Fraktionen
haben bisher zu verstehen gegeben, dass sie voll und ganz hinter unseren
Kliniken zur Versorgung der Einwohnerinnen und Einwohner unserer 54 Kommunen
stehen. Auch wenn das Land Baden-Württemberg für die Krankenhäuser in
den Jahren 2024, 2025 voraussichtlich rund 300 Millionen Euro erfreulicher
Weise zur Verfügung stellen wird, deckt dies bei den GRN-Kliniken mit einem
Anteil von zirka 4 bis 6 Millionen Euro nur einen geringen Anteil des Bedarfes ab.
Meine Damen und Herren, die genannten Summen kann der Kreis aus eigener
Kraft mit noch so vielen Einsparrunden nicht selbst stemmen. Der Kreis, und das
wissen die meisten hier Anwesenden, hat - außer der Kreisumlage - keine eigene
am Wachstum orientierte sonstige Einnahmequelle. Insoweit müssen diese Beträge
zur Gesundheitsversorgung aller Bürgerinnen und Bürger auch solidarisch
von allen Kommunen getragen werden.
;4. Unterbringung von Flüchtlingen und Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern
für Geflüchtete
Auch wenn sich die Lage im Bereich der Flüchtlingsunterbringung nach den starken
Zugängen 2022 und 2023 etwas entspannter darstellt, ist und bleibt es eine
staatliche Aufgabe, und die Forderung der kommunalen Familie ist ganz klar: Alle
Flucht induzierten Aufwendungen sind entsprechend zu erstatten. Hier ziehen
sich die Abrechnungen der letzten Jahre regelmäßig über mehrere Jahre hin. So
wird dieses Jahr die Spitzabrechnung bei der vorläufigen Unterbringung für das
Jahr 2019 abgeschlossen, also erst 5 Jahre später. Auch wenn hier Vorgriffsund
Abschlagszahlungen geleistet werden, summieren sich die Rückstände auf
einen Betrag von derzeit 17 Millionen Euro erheblich an und belasten natürlich
die Liquidität des Kreises entsprechend. Mir ist es an dieser Stelle aber nach wie
vor sehr wichtig, die Kosten voll ersetzt zu bekommen, auch wenn der zeitliche
Verzug die Kassenlage des Kreises belastet.
Zu unterscheiden von der Unterbringung der Flüchtlinge und den Leistungen
nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind Leistungen für Geflüchtete nach
den Sozialgesetzbüchern. Im Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes 2025/2026
ist vorgesehen, einen neuen Sonderlastenausgleich in das Finanzausgleichsgesetz
zur Förderung der kommunalen Aufgabenerfüllung im Bereich Flucht und
Migration aufzunehmen. Über die Höhe eines solchen „Topfes“ liegen die Meinungen
zwischen den Kommunalen Landesverbänden und dem Land jedoch
noch weit auseinander. Derzeit wird ein kommunaler Bedarf von rund 1,2 Milliarden
Euro gesehen, den selbst die Weiterleitung der vollen Bundesbeteiligung von
rund 229 Millionen Euro wie im Jahr 2024 nicht abdecken würde – vorgesehen
ist bisher im Übrigen nur die hälftige Weitergabe. Die weiteren Verhandlungen
werden wir aufmerksam verfolgen und Veränderungen ggf. noch in den endgültigen
Haushalt aufnehmen.
;5. Landesmobilitätsgesetz
Kommen wir zum ÖPNV, bei dem Anspruch und Wirklichkeit immer weiter auseinandergehen.
Der Entwurf des Landesmobilitätsgesetzes trifft unter anderem
eigene Regelungen zur Beschaffung sauberer Fahrzeuge zur Umsetzung der
EU-Richtlinie Clean Vehicles Directive sowie des Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-
Gesetzes. Aktuell ist Baden-Württemberg als einziges Flächenbundesland
(neben Berlin) noch nicht der sogenannten Branchenvereinbarung zur Verrechnung
von Beschaffungsquoten zwischen verschiedenen Auftraggebern beigetreten.
Der Gesetzesentwurf sieht lediglich die Möglichkeit der Verrechnung von Beschaffungsquoten
zwischen Aufgabenträgern in Baden-Württemberg auf bilateraler
Basis vor und verhindert faktisch die Zusammenarbeit mit Auftraggebern,
die nicht in Baden-Württemberg angesiedelt sind. Damit wird die länderübergreifende
Struktur von Verkehrsverbünden, wie z.B. des Verkehrsverbundes Rhein-
Neckar nicht berücksichtigt. Eine solche Regelung wird aber nicht benötigt, wenn
sich auch das Land Baden-Württemberg der Branchenvereinbarung anschließt.
Der Entwurf des Landesmobilitätsgesetzes sieht erstmals die Möglichkeit vor,
eine Mobilitätsabgabe, d.h. das freiwillige Instrument des sog. Mobilitätspasses
einzuführen. Vor Einführung eines Mobilitätspasses wird aber zunächst ein bestimmtes
Mindestmaß an Angebot benötigt. Bekanntermaßen koppelt die Landesregierung
das Verdopplungsziel im ÖPNV maßgelblich an die Mobilitätsgarantie.
Dabei weisen die Kommunalen Landesverbände regelmäßig darauf hin,
dass das Land in der primären Finanzierungsverpflichtung für die Ausbaumaßnahmen
steht, welche die Landesregierung als Standards im Rahmen der Mobilitätsgarantie
im Koalitionsvertrag gesetzt hat. In einem Flächenlandkreis, wie
dem Rhein-Neckar-Kreis mit unterschiedlichen Teilräumen, ist die Einführung
durchaus schwierig, insbesondere, weil die Angebotsqualität beim ÖPNV unterschiedlich
ist. Die Vorgaben sind in unserem Landkreis nicht flächendeckend erfüllt.
Das Gesetz schafft m.E. ein Instrument, dessen Voraussetzungen durch
eine unzulängliche Finanzierung des ÖPNV-Grundangebots vereitelt werden.
Zunächst wäre ÖPNV-Ausbau im Sinne der Mobilitätsgarantie zu betreiben, bevor
ÖPNV-Zusatzangebote ggfs. durch eine Mobilitätsabgabe finanziert werden
können. Etwaige zusätzliche finanzielle Belastungen der Einwohnerinnen und
Einwohner müssen mit echten Quantitäts- und Qualitätssteigerungen im ÖPNV
einhergehen; anderenfalls wird dieses Finanzierungsinstrument nicht auf eine
gesellschaftliche Akzeptanz stoßen. Aus diesen Gründen werde ich dem Kreistag
nicht in absehbarer Zeit vorschlagen, einen Mobilitätspass oder eine Mobilitätsabgabe
einzuführen.
Ein attraktiver und vor allem moderner ÖPNV ist auch ein Beitrag zum Klimaschutz.
Die Steigerung der Attraktivität des ÖPNV wird maßgeblich vom weiteren
Angebotsausbau abhängen, dieser wiederum von der Ressourcenfrage. Für den
Angebotsausbau für Bus und Schiene benötigen wir ausreichende Finanzierungsmittel
und auch die Planbarkeit der Finanzierungsmöglichkeiten, denn wir
haben einen sehr großen Finanzbedarf, sowohl für den Erhalt des aktuellen
ÖPNV-Angebots als auch für den weiteren Ausbau.
Was den laufenden Betrieb anbetrifft, erwarten wir vom Land, dass es nun endlich
seine Zusage aus dem Koalitionsvertrag einlöst und entsprechend der grundsätzlichen
Verständigung auch tatsächlich in die Finanzierung des von uns bezahlten
SPNV im OEG-Linienbündel einsteigt. Hier laufen die Gespräche. Mit
dem Einstieg des Landes würde sich der Defizitausgleich beim laufenden Betrieb
verringern und die betroffenen Kommunen und der Kreis entlastet werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
dies waren Themen, die von außen auf den Kreis und somit auf die kommenden
Haushalte einwirken. Ein Thema, was uns alle global aber auch speziell im Kreis
in den kommenden Jahren weiterhin beschäftigen wird, ist der
;6. Klimaschutz
Der Klimaschutz bleibt wichtige Aufgabe aber auch Herausforderung für den
Kreis, gerade vor dem sehr schwierigen finanziellen Umfeld.
Der Gesamtprozess zur Steuerung der klimaneutralen Kommunalverwaltung bis
2035 wird weitergehen und im fortgeschriebenen Klimaschutzkonzept des Kreises
ist die Thematik Klimaneutralität im Kreisgebiet als Aufgaben- und Zielstellung
genannt. Ein Schwerpunkt wird die Umsetzung der energetischen Sanierungsfahrpläne
in den kommenden Jahren sein. Die Maßnahmen im engeren
Sinne umfassen wesentliche Verbesserungen an Dächern, Fassaden und Fenstern
sowie an den Heizungs- und Lüftungsanlagen unserer Schul- und Verwaltungsgebäude.
Letztlich bleibt die Entscheidung über die Aufnahme der Planung
und deren Ausführung bzw. Umsetzung bei jeder einzelnen Baumaßnahme alleine
aufgrund des voraussichtlichen Bauvolumens in der Hand der politischen
Gremien. Bei einem geschätzten Gesamtvolumen in dreistelliger Millionenhöhe
gilt es, klug abzuwägen, welche Maßnahmen angegangen werden sollen.
Wie wirken sich nun all diese Entwicklungen konkret auf unseren Haushaltsentwurf
2025 aus? An dieser Stelle nur ganz wenige Zahlen. Wir werden in den
kommenden Ausschussrunden – wie immer – detailliert die einzelnen Bereiche
erläutern.
Um die gesetzlich vorgegebene Mindestliquidität Ende 2025 zu erreichen, ist im
Entwurf ein positives ordentliches Ergebnis von 16,5 Millionen Euro vorgesehen.
Um dies zu erreichen, mussten 397 Millionen Euro an Kreisumlageaufkommen
eingestellt werden. Dies entspricht einer Steigerung des Hebesatzes um 5,25
Prozentpunkte auf 32,75 Prozentpunkte.
Zwei Punkte möchte ich herausgreifen, die den Haushalt 2025 maßgeblich belasten:
- Zwangsläufige Mehrbedarfe im Sozialetat von rund 30 Millionen Euro – entspricht
2,5 Prozentpunkte Kreisumlage.
- Verlustabdeckung GRN Kliniken in Höhe von 20 Millionen Euro zuzüglich des
überplanmäßigen Aufwands aus dem Jahr 2024 von 9,1 Millionen Euro, der
die Ausgangsbasis der Liquidität entsprechend belastet hat – entspricht 2,5
Prozentpunkte Kreisumlage.
Auch wenn ich heute wiederholt von Prozentpunkten Kreisumlage gesprochen
haben, ist maßgebend welches Kreisumlageaufkommen in Euro sich dahinter
sich verbirgt. Der Kreisumlagehebesatz ist lediglich ein Faktor. Viel entscheidender
ist das zu Grunde liegende Steueraufkommen der kreisangehörigen Kommunen
und die Systematik des Finanzausgleichs. Der Finanzausgleich hat zum Ziel
landesweit einen Ausgleich zwischen steuerstarken und steuerschwachen Kommunen
und Landkreisen zu schaffen. Dies bedeutet konkret:
Steigt die Steuerkraft der kreisangehörigen Kommunen im zweitvorangegangen
Jahr als Basis für die aktuelle Berechnung, steigt zwar auf der einen Seite das
Kreisumlageaufkommen bei gleichbleibendem Hebesatz aber auf der anderen
Seite steigt auch die Steuerkraft des Kreises und dadurch reduzieren sich z.B.
die Schlüsselzuweisungen des Landes an den Kreis. Deshalb ist es wichtig, wenn
man von Veränderung beim Kreisumlageaufkommen spricht, den gesamten Finanzausgleich
miteinzubeziehen.
Wir haben 2025 ein Investitionsvolumen beim Kreis und EBVIT in Höhe von 43
Millionen Euro aufgelegt und werden dies mit rd. 35 Millionen Euro an Kreditaufnahmen
finanzieren, was letztlich zu einem voraussichtlichen Schuldenstand
Ende 2025 von 149 Millionen Euro führen wird.
Einen Blick in die Glaskugel „Finanzplanung“ möchte ich heute noch nicht werfen.
Dies werden wir uns bei der Beratung über den finalen Haushaltsplan gemeinsam
näher anschauen.
;Liebe Kreisrätinnen und Kreisräte,
;meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich wollte Ihnen heute im Wesentlichen aufzeigen, wie sehr die Haushaltsplanung
2025 – noch mehr als bisher – von fremden Faktoren beeinflusst wird. Die Verwaltung
hat schon zu Beginn des Jahres 2024 und nochmal mit der Erstellung
des Entwurfes intensiv mit allen Ämtern und Stabsstellen alle Kostenarten auf
mögliche Einsparungen durchforstet.
Aber, meine Damen und Herren, der Kreis muss seinen gesetzlichen Verpflichtungen
nachkommen, darf nicht seine Gebäude – seien es Schulen oder Verwaltungsgebäude,
seine Straßen oder auch die Bildung, als den Rohstoff und Grundpfeiler
in Deutschland – vernachlässigen, nur, weil wir von Bund, Land oder anderen
Kostenträger in vielen Bereichen nicht auskömmlich finanziert werden.
Hier ist meine Botschaft: Macht den Kommunen weniger bürokratische Vorgaben,
stattet sie ordentlich finanziell aus, dann wird die Kommunale Familie die
Aufgaben zielorientiert und wirtschaftlich lösen, wie sie dies schon in vielen Situationen
gezeigt hat. Ich möchte hier nur an die Flüchtlingsunterbringung, Corona
und die Energiekrise erinnern.
Wir haben mit dem vorliegenden Entwurf gemeinsam eine Aufgabe vor uns, die
einer Quadratur des Kreises gleicht. Wir wollen, bzw. müssen Ökonomie, Ökologie,
Soziales unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit und unter
Berücksichtigung der Leistungskraft der Kommunen unter einen Hut bringen.
Und es muss dann noch ein genehmigungsfähiger Kreishaushalt dabei herauskommen.
Eine schier unlösbare Aufgabe. Lassen Sie es uns gemeinsam, konstruktiv
und vertrauensvoll in den kommenden Gremiensitzungen angehen. Auf
die anstehenden Beratungen in den Fachausschüssen bin ich gespannt.
Vielen Dank!“''  
 
(Landrat Stefan Dallinger auf der Kreistagssitzung, 22.10.2024, Weinheim)
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Quelle: Medieninformation des Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis vom 23. Oktober 2024]
[[Datei:Stimmen aus dem RhN-Dreieck 23.10.2024.jpg|350px|thumb|right|Landrat Dallinger (l.) mit Verwaltungs- und Schuldezernent Ulrich Bäuerlein]]
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Quelle: Medieninformation des Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis vom 18. Oktober 2024]

Aktuelle Version vom 28. November 2024, 20:55 Uhr

"Hier ist meine Botschaft: Macht den Kommunen weniger bürokratische Vorgaben, stattet sie ordentlich finanziell aus, dann wird die Kommunale Familie die Aufgaben zielorientiert und wirtschaftlich lösen, wie sie dies schon in vielen Situationen gezeigt hat. Ich möchte hier nur an die Flüchtlingsunterbringung, Corona und die Energiekrise erinnern." (Landrat Stefan Dallinger auf der Kreistagssitzung, 22.10.2024, Weinheim)

Quelle: Medieninformation des Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis vom 23. Oktober 2024]